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Middle-earth: Shadow of Mordor – Der Spaß und Spiele Test

 

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Er hörte auf den Namen Noruk the Assassin. Als wir einander das erste Mal tragen, jagte er mir einen Pfeil in die Brust und ließ mich mehr tot als lebendig zurück. Dies war der erste von vielen weiteren Toden, die ich erlitt – ich wurde für gewöhnlich von einem explosiven Pfeil am Hals getroffen, er erhielt eine Beförderung nach der anderen, weil er den unsterblichen Gravewalker (das bin ich) tötete. Aber als es mir nach 12 oder 15 fehlgeschlagenen Versuchen endlich gelang, ihn und seine Lakaien zu töten, fühlte es sich an, als wäre mit ihm auch ein Teil von mir gestorben. Genau wie Batman und der Joker einander Ziel und Zweck geben, war Noruks Anwesenheit in Mordor eine ständige Erinnerung und Mahnung, dass ich mich an den Uruk rächen musste. Ohne meinen diametralen Gegenpart fühlte ich mich schwächer.

Middle-earth: Shadow of Mordor ist ein herausragendes Actionspiel, das eine befriedigende Mischung aus heimlichem Vorgehen (Stealth) und Nahkampf bildet, wie sie in Serien wie Assassin's Creed und Batman: Arkham perfektioniert wurde. Doch das Nemesis-System, das auf clevere Weise dafür sorgt, dass sich die Feinde parallel zum Spieler entwickeln und quasi mit diesem mitwachsen, ist es, was Shadow of Mordor in die oberen Ränge der Open-World-Exzellenz aufsteigen lässt. Wann immer Sie sterben, ist es höchstpersönlich.

Ich werde zu den Antagonisten zurückkehren, aber lassen Sie uns kurz über die guten Jungs sprechen. Sie spielen als Talion, ein Ranger (denken Sie an Aragorn), der tot ist, ehe das Spiel überhaupt startet. Er muss mitansehen, wie seiner Frau und seinem Sohn die Kehle durchgeschnitten wird, ehe er dasselbe Schicksal erleidet. Aber das Schicksal beschert Talion eine Chance, sich zu rächen, denn ein uralter Wraith (Geist) verbindet sich mit dem Leichnam des Rangers und verschafft ihm so Unsterblichkeit und supertolle Geisterkräfte (und leuchtende blaue Augen noch dazu).

Talion und sein in ihm hausendes Phantasma beginnen als weitgehend eindimensionale Charaktere. Doch im Laufe des 20 bis 30 Stunden langen Spiels, werden Sie ihre Geplänkel liebgewinnen, die auf beiden Seiten von Zynismus und viel Humor geprägt sind. Und sie sind nicht die einzigen Bewohner Mordors, die in wichtiger und sehr persönlicher Mission unterwegs sind: die Nebenfiguren sind zwar nicht sonderlich zahlreich, aber es handelt sich bei ihnen um Persönlichkeiten, die in Erinnerung bleiben. Zu ihnen zählen Ratbag der Wendehals-Uruk, Torvin, ein selbstherrlicher Jäger vom Volk der Zwerge und Gollum, der Ränke schmiedende Kobold (Imp), höchstpersönlich.

Ob Sie nun eingefleischter Fan von Lord of the Rings sind oder nicht, die Unmengen an Story und Legenden, die mit Hilfe von sammelbaren (collectible) Artefakten und auf Waffen konzentrierten Missionen in die Spielwelt eingewoben wurden, sind beeindruckend. Diese Hintergrundgeschichten und zusätzlichen Herausforderungen sind, wie man es von den meisten Open-World-Spielen her kennt, völlig optional und über ganz Mordor verstreut, und zwar für jene Momente, in denen Sie sich nach einer raschen, unterhaltsamen Ablenkung von Ihrer Rache sehnen. Ziemlich vom Start weg haben Sie die erfreuliche Freiheit, die malerischen Hügel, heruntergekommenen Steinbrüche, unheimlichen Festungen und üppigen Wälder der beiden großen Regionen von Mordor zu erkunden und dabei Saurons Armee auf jede Ihnen genehme Weise zu verkleinern.

Mit „verkleinern“ meine ich in erster Linie „jeden Uruk in einem Umkreis von 50 Kilometern brutal töten“. Was die Kämpfe anbelangt, sind Talion und der Geist (Wraith) ein interessantes Paar – ersterer ist ein exzellenter Schwertkämpfer und Attentäter, der gekonnt und nahezu lautlos Kehlen aufschlitzen kann, während letzter der Zeit verlangsamen und Pfeile ganz präzise in die Köpfe von Uruks und entflammbare Grog-Fässchen lenken kann. Die Action mit dem Schwert ist im Prinzip eine schärfere, spitzere Version von Batman: Arkhams Faustkämpfen: frei fließende Kämpfe, durchsetzt mit counterattack button prompts (Anweisungen, bestimmte Buttons zu drücken, um einen Gegenangriff zu starten). Der Hauptunterschied besteht darin, dass Sie Ihre Gegner nicht bewusstlos schlagen, sondern deren ledrige Körper auseinandernehmen wie ein Fleischer, der ein Rind zerlegt.

Was moderne Videospielexzesse anbelangt, ist Shadow of Mordor nicht unnötig blutig. Es bietet aber all die vernichtende Gewalt, die mit Schwertern, Bögen und den an Riesenhunde erinnernden Caragor-Reittieren einhergeht. Jeder Fall von übertriebenem Gemetzel – Enthauptungen, Combos, mit denen die Brust aufgeschlitzt wird, eine Klinge, die in den Kopf eindringt, oder die eine oder andere arme Seele, die lebend verspeist wird – wird mit Hilfe von unglaublich überzeugenden Animationen dargestellt, die die Auswirkungen anschaulich machen und vermitteln, das Bedeutsames geschieht. Selbst wenn Sie aus dem Hinterhalt Gegner töten, geht das nicht ohne Grausamkeiten ab, denn Sie haben die Möglichkeit, Ihrem Feind mehrmals in Kopf, Hals und Oberkörper zu stechen, um all seine Kameraden in Angst und Schrecken zu versetzen (eine unbarmherzige, aber sehr wirkungsvolle Taktik, um Ihre Zielperson zu isolieren). Die Wildheit der Kämpfe wird Ihr Blut sicher in Wallung bringen, aber es kann ein wenig verstörend sein, den puren Schrecken in den Augen eines Uruk zu bemerken, ehe Sie in seine Gedanken eindringen und sein Leben beenden. Aber dann erinnern Sie sich daran, dass Uruks gnadenlose Sklavenhalter sind, die ausschließlich für den Krieg gezüchtet werden, weshalb Sie Ihre mörderischen Streifzüge und das viele vergossene Blut gleich viel weniger bedauern.

Man hätte sich ganz auf Kämpfe gegen einfache Infanteristen beschränken können, die der Spieler mit seinen übernatürlichen Fähigkeiten erledigt, und Mordor wäre noch immer ein aggressives Vergnügen gewesen. Doch das Nemesis-System macht aus jedem Duell bis zum Tod so viel mehr, denn es sorgt dafür, dass die Bösewicht über ebenso viel Persönlichkeit verfügen wie Ihr Held. Warchiefs und Captains führen die Einheiten von Saurons Armee und jeder von Ihnen wird nach dem Zufallsprinzip aus einem Set sehr hässlicher Visagen, herrlich höhnischer Dialoge/Sprachausgabe und seltsamer Charaktereigenschaften generiert. Vielleicht wird Ihr Gegner angesichts des Leids seines Meisters in Wut ausbrechen und Amok laufen oder blindlings um sein Leben rennen, wenn Sie auf einem Caragor in den Kampf reiten.

Sie können diese Stärken und Schwächen Ihrer Gegner zu Ihrem Vorteil nützen, indem Sie sich zuvor darüber informieren. Dies können Sie tun, indem Sie unglückselige Handlanger verhören oder lauschende Sklaven retten. Durch diese notwendige Vorbereitung wird selbst das zufälligste Aufeinandertreffen zu einem aufregenden, bedeutsamen Ereignis. Sollte Ihr Plan aber schieflaufen und eine Ihrer Zielpersonen über Sie herfallen, wird das überraschende Duell bei Ihnen den Kampf- oder Fluchtreflex auslösen. Ob Sie sich für den brutalen Kampf oder die panische Flucht entscheiden, das Ganze wird auf jeden Fall nervenaufreibend und spannend werden. Und wann immer Sie durch die Hand eines Soldaten sterben, wird dieser aufleveln und einige neue Fähigkeiten erlernen, die ihn um einiges widerstandsfähiger machen.

Es ist unglaublich beeindruckend, wie individuell diese zufällig generierten Erzfeinde wirken, was vor allem den Dialogen zu verdanken ist, die jede Ihrer möglichen Aktionen vorwegzunehmen scheinen. Wenn Sie Ihrem Rivalen begegnen, wird er Sie daran erinnern, wie er Sie beim ersten Mal tötete oder Sie verhöhnen, weil Sie bei der letzten Begegnung Reißaus nahmen. Manche machen Sie schlecht, während sie in Reimen sprechen, während andere gar nicht sprechen, sondern bloß wie Tiere knurren oder schreien. All diese Möglichkeiten sorgen für eine jener persönlichen Spielerfahrungen, die man mit seinen Kumpels teilen möchte: wer erzählt nicht gerne davon, wie er während des letzten Kampfes von seinem Uruk-Rivalen verhöhnt wurde oder diesen nach langem, hartem Kampf endlich ins Jenseits befördern konnte. Selbst die unbedeutendste Einheit kann durch die Ränge aufsteigen, wenn es ihr gelingt, Sie zu töten, was seltsam befriedigend ist, obwohl sie einen, Sie wissen schon, getötet hat.

Der einzige Nachteil des Nemesis-Systems ist, dass die zufälligen Merkmale ihren Reiz verlieren können, wenn man anfängt, Wiederholungen und Ähnlichkeiten zu bemerken, ein unglücklicher Nebeneffekt des Umstands, dass Sie die höherrangigen Angehörigen der Uruk-Armee unbegrenzt abschlachten können. Shadow of Mordors Story-Struktur gewährt Ihnen die Freiheit, so viele Uruks zu töten, wie Sie nur wollen, ohne es ganz offensichtlich zu machen, dass dies den Plot, der sich um den Wraith (Geist) dreht, nur an ganz spezifischen Punkten voranbringt. Aber gerade wenn Sie glauben, endlich alles gesehen zu haben, erhält Talion die Fähigkeit, die feindlichen Einheiten einer Gehirnwäsche zu unterziehen und auf seine Seite zu bringen, was Ihnen ermöglicht, eine eigene Armee aufzustellen. Dieser Kniff verleiht Ihrem Rachefeldzug noch mehr Tiefgang, da Sie versuchen können, einen Warchief mit Hilfe seiner eigenen Untergebenen zu ermorden oder den Widerstand ihres Erzfeindes zu brechen und ihn für Ihre Sache kämpfen zu lassen.

Ein weiterer Aspekt von Mordor, bei dem die Wiederholung ermüdend werden kann, ist das Muster für die Sklaven-Nebenmissionen, bei denen die Aufgabe immer darin besteht, eine Gruppe ununterscheidbarer Gefangener zu befreien. Damit diese Rettungsmissionen nicht komplett monoton werden, wurden Bonuszielvorgaben (etwa Zeitlimits oder eine Quote für bestimmte Arten, Feinde zu töten) hinzugefügt. Aber angesichts der Sorgfalt mit der die vielen anderen Systeme von Shadow of Mordor ausgearbeitet wurden, ist es seltsam zu sehen, dass derart formelhafte Missionen ein Drittel der Nebeninhalte ausmachen.

Aber das fällt kaum ins Gewicht, dass das Gesamtpaket wirklich phänomenal ist. Shadow of Mordor ist nicht nur das bis jetzt beste Lord of the Rings Spiel – es ist auch eines der unterhaltsamsten Open-World-Abenteuer, die derzeit erhältlich sind. Wenn Sie Talions Reise zum Abschluss gebracht haben, werden Sie das Gefühl haben, Ihre persönliche Odyssee durch Mittelerde erlebt und gegen Feinde gekämpft zu haben, die nur Sie wirklich kennen. Der Nervenkitzel, die Hierarchie der Uruks zu untergraben, hält nicht ewig an, aber die Erinnerungen an die Bösewichte, die dieser Kampf hervorbringt, wird Sie lange begleiten.

PRO: Das Nemesis-System sorgt für „persönliche“ Bösewichte, die in Erinnerung bleiben; die rasanten Kämpfe sind wunderbar brutal, während das heimliche Vorgehen (stealth) auf clevere Weise strategisch ist; Mordor ist eine wunderschöne offene Welt, die dem Stil des LOTR Universums bis ins Detail treu ist.

CONTRA: Gewisse Nebenmissionen ähneln einander viel zu sehr.

Abschließende Bewertung

Spiel: 9,5

Spaßfaktor: 9,0

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